Der Reformator auf dem Prüfstand der Kirchengeschichte

„Was hat Reformation mit uns heute noch zu tun? Wie kann man Luther überhaupt vermitteln?“ Diesen Fragen ging Dr. Stephan Mokry, Kirchenhistoriker und Theologischer Referent in der Stiftung Bildungszentrum des Erzbistums München und Freising, auf Initiative von Frau Höcht gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern der 10. und 11. Jahrgangsstufe in der Aula des Kardinal-Döpfner-Hauses nach. Anlässlich 500 Jahre Reformation hatte die Fachschaft Evangelische Religionslehre zu diesem Vortrag am 27.10.2017 eingeladen und damit eine interessierte und diskussionsfreudige Zuhörerschaft erreicht.
Der Referent verdeutlichte die Fülle an verschiedenen Meinungen über Luther, die in der (digitalen) Öffentlichkeit kursieren: Fundamentalist, Judenhasser, Kritiker von Missständen, Kind seiner Zeit oder mutiger Reformer. Populäre Bilder, die sich zu wichtigen Lebensstationen Luthers herausgebildet haben, halten sich nach wie vor im kulturellen Gedächtnis, auch wenn manches davon historisch umstritten ist, wie der Mythos vom hammerschwingenden Luther, der seine Thesen eigenhändig an die Tür der Wittenberger Schlosskirche anschlägt und wenige Jahre später öffentlichkeitswirksam die päpstliche Bannandrohungsbulle verbrennt. Dr. Mokry appellierte an die Schülerinnen und Schüler, nicht einem vereinfachenden Schwarz-Weiß-Denken zu verfallen, sondern historische Erkenntnisse wahrzunehmen, dem familiären, kirchlich-spirituellen, gesellschaftlich-politischen Umfeld der Akteure als deren Denken und Handeln prägende Kraft wie auch den der Reformation förderlichen äußeren Rahmenbedingungen Rechnung zu tragen. Auf diese Weise gelingt eine umfassende Würdigung der Persönlichkeit, die eben nicht einfach ein „dummer Ketzer“ oder umgekehrt ein „Heros“, ein „Superheld“ war, sondern ein Mensch mit Licht- und Schattenseiten. Der Referent verwies abschließend auf den Wandel des katholischen Lutherbilds von unverhohlener Verdammung hin zur Würdigung Luthers als Zeuge des Evangeliums, Lehrer im Glauben und Rufer zur geistlichen Erneuerung.
Die Fragen der Schülerinnen und Schüler im Anschluss an den Vortrag zielten auf Unterschiede zwischen Katholiken und Protestanten hinsichtlich des Verhältnisses von Schrift und Tradition, woraufhin der Referent das gemeinsame Unterwegssein als „Erzählgemeinschaft“ herausstellte, das Anliegen beider Konfessionen, das Christusereignis ins Zentrum zu rücken und an die kommenden Generationen weiterzugeben. Frau Kuhn bekräftigte bei ihrer Danksagung, dass die Beschäftigung mit Luther hilft, dieses Anliegen sich erneut zu vergegenwärtigen.

 



 

Ausstellung „#HereIstand. Martin Luther, die Reformation und die Folgen“

Eine Ausstellung in der Säulenhalle lud zu einer Beschäftigung mit Martin Luther auf besondere Art und Weise ein: 20 Poster zeigten und erklärten mit Hilfe moderner Infografiken die wichtigsten Stationen der Reformationsgeschichte und ihre Auswirkungen bis heute. Ausgehend von der Biographie Martin Luthers wurde ein Blick in die Lebensumwelt der Menschen vor der Reformation geworfen. Darauf lag der Fokus auf zentralen Fragen der Reformationsgeschichte. Was war das Neue an Luthers Theologie? Was geschah in Wittenberg 1517? Wie verbreitete sich die neue Lehre? Welche Rolle nahmen dabei die Frauen ein? Ein weiteres Plakat widmete sich der Frage, was der Bürgerrechtler Martin Luther King mit seinem Namensvetter, dem deutschen Reformator Martin Luther, gemeinsam hat.
Zusätzlich zur Posterausstellung stand den Schülerinnen und Schülern eine kostenlose App zur Verfügung, die Poster-Rallye „Lutherbound“, mit der sich das gewonnene Wissen auf unterhaltsame Weise überprüfen ließ. Der Klingelton des in die Ablasstruhe fallenden Talers bei jeder richtigen Antwort entfachte unverhofften Ehrgeiz: So durchliefen manche gleich mehrmals die verschiedenen Stationen, um am Ende beim Kassensturz mit bestmöglicher Punktzahl abzuschließen.
Dass die Ausstellung vom Geiste der Ökumene getragen war, zeigten die zusätzlichen Angebote, die von den Religionslehrerinnen beider Konfessionen vorbereitet worden waren: ein Reformationsmemory, die Bücherkiste „Rund um Martin Luther“ mit der Einladung zum Schmökern, ein kreatives Angebot zur Lutherrose, eine schön gestaltete Vitrine mit Beffchen, Lutherbibel und der Martin Luther-Playmobil-Figur. Ein besonderer Hingucker war das Rätsel zu den Sakramenten, für das Lehrerinnen und Lehrer des Dom-Gymnasiums eigene Fotoaufnahmen beigesteuert hatten. Neben der Zuordnung zu den Sakramenten der Kirche bestand die Herausforderung darin, zu erkennen, wer aus der Lehrerschaft sich hinter dem Kommunionkind mit strahlenden Augen und feschem Haarschnitt verbirgt, wer als Baby ein wunderschönes, langes Taufkleid trug oder wer sich feierlich ökumenisch trauen ließ. Die Rückmeldung der Schülerinnen und Schüler gab der Fachschaft Religion Recht, die die Ausstellung organisiert hatte: eine schöne und informative Abwechslung zum regulären Unterricht!